Chor_Mozart-Requiem
*MOZART REQUIEM
Ein Konzert des Tonkollektiv HTW Chor in Kooperation mit dem Kammerchor Bethanien
Eigentlich beginnen solche Texte mit einer Aussage darüber, was gesungen wird. Dieser Text nicht. Im Gegenteil. Was sie nicht zu hören bekommen, ist DAS MOZART REQUIEM. Tauschen sie ihre spontane Enttäuschung darüber lieber durch einen kurzen Moment der Trauer ein, denn das liegt in erster Linie daran, dass Mozart verstarb, bevor die Komposition vollendet wurde. Dies ist nicht nur brandheiße Film- („Amadeus“, Miloš Forman, 1984), sondern auch ein Stück Musikgeschichte.
Was machte man 1791 mit einem unvollendeten Werk eines derzeit bereits mit der „Spatzenmesse“ (1776), dem Lied „Die Verschweigung“ und dem beliebten und oft zitierten Kanon „Leck mich im Arsch“ (1782) (und dem noch viel öfter zitierten Kanon „Leck mich im Arsch fein recht schön sauber“) erfolgreich gewordenen Komponisten?
Vollenden! Dachte sich zumindest sein Schüler Franz Xaver Süßmayr, von dem es noch nicht einmal ein Phantombild im Netz gibt. Und natürlich möglichst viel Mozart zitieren. Wie und warum Süßmayr allerdings zitiert hat, bleibt bis heute Streitgespräch an Komponist*innen-Stammtischen. Inklusive schweißiger Fußnoten.
Vielleicht war Mozarts Schrift nicht gut lesbar. Viel wahrscheinlicher ist jedoch, dass Süßmayr nicht die künstlerische Fertigkeit besaß, den Trauerkoloss fertigzustellen. Trotzdem wurde Süßmayr mit dem MOZART REQUIEM berühmt. So etwas kommt häufiger in Mozarts Geschichte vor; auch Papageno hat sich mit fremden Federn geschmückt.
Hier könnte sich die Frage vielleicht endlich beantworten lassen, was wir denn nun anstelle des MOZART REQUIEMS singen. Aber auch das MOZART‑MAYR‑REQUIEM singen wir nicht. Das klingt nun nahezu unmozartisch und ausschließlich der Alliteration geopfert, ist aber das Gegenteil. Denn das Schöne ist: So gewiss sein Tod ist, so offen ist zugleich der Ausgang seines Requiems. Hiermit ist nicht gemeint, dass am Ende nicht das ewige Licht leuchten soll (Lux Aeterna). Doch indem wir nicht DAS MOZART REQUIEM singen, widmen wir uns diesem umso mehr.
Derjenige, der sich mit dem Requiem beschäftigt hat, welches sie tatsächlich hören werden, verriet einst in seiner angestammten Kneipe: „Es gibt wenige Momente, auf die ich stolz bin, aber dass mich die Süßmayr-Fassung nicht befriedigt hat, war gut.“ [1]
In unserem Requiem wird z. B. das Lacrimosa um eine Amen-Fuge ergänzt, die Mozart noch unter dem Kopfkissen seines Totenbettes hätte liegen haben können. Auch hatte Mozarts sinnvolle Zitation vom seinem Requiem-Thema im Agnus Dei einen anderen Rhythmus als Süßmayr im Blut.
Als Süßmayr aus dem Benedictus klassischerweise zurück in die Osanna-Fuge wollte, half ihm zwar Mozarts Fahrplan, aber irgendwie war er dann doch auf der falschen Spur. Wenn das Dies Irae schon im Sanctus zitiert wird, dann sollte man den Fuß aus der richtigen Note ziehen. Süßmayr jagt die Bässe im Sanctus durch den Harmoniewechsel, wohingegen Mozart nie den entscheidenden Ton von den Bässen für den Harmoniewechsel allein hätte singen lassen. Denn was machen die anderen in der Zeit, außer die Harmonie an den Toten zu messen, obwohl es doch eine harmonische Totenmesse werden soll?
Welche Federn sich in seinem Kopfkissen auch sonst noch hätten versteckt haben können: Seien sie sich sicher, ein MOZART REQUIEM wird nie draus. Dafür aber ein ausgeschmückter Konzertabend mit dem Tonkollektiv HTW Chor und dem Kammerchor und Kammerensemble Bethanien. Und abgesehen von allen falschen Zitaten, hier ein wahrhaftiges: „Ohne Süßmayr hätten wir vielleicht gar keine Kissenschlacht begonnen.“
[1] Norbert Ochmann
Requiem in D-Moll von Wolfgang Amadeus Mozart (KV 626) Chor u. Orchester
Termin
Freitag, 05. April 2019 um 19 Uhr
Audimax der HTW Berlin, Treskowallee 8, 10318 Berlin
Eintritt frei (Spenden erwünscht)
Sonntag, 07. April 2019 um 19 Uhr
Samariterkirche Friedrichshain, Samariterstraße 27, 10247 Berlin
Eintritt: 15 € / 10 € (ermäßigt *)